Rechtsanwaltskanzlei Roland Bisping - Medizinrecht - Kapitalanlagenrecht

Probleme mit dem Zahnarzt und Unzufriedenheit mit der Behandlung

 

Teil I:  Was kann der Patient unternehmen?

Viele Probleme zwischen Behandler und Patient haben ihre Wurzeln in der mangelnden Kommunikation, die nicht erst dann beginnen sollte, wenn die Behandlung nicht erwartete Züge annimmt. Der Vorwurf der mangelnden Kommunikation richtet sich sowohl an die Adresse des Behandlers als auch an die Adresse des Patienten.

So ist der Behandler verpflichtet, den Patienten, angefangen bei dem von ihm erhobenen Untersuchungsbefund, über seine Diagnose, die von ihm ins Auge gefasste Therapie, mögliche Behandlungsalternativen, die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Behandlungsmethoden, die mit dem konkreten Eingriff verbundenen Risiken, gerade auf dem Gebiet der Zahnmedizin, über die mit dem Eingriff verbundenen Kosten usw. aufzuklären. Nicht nur, dass der wirklich informierte, weil nur aufgeklärte Patient rechtlich wirksam in die Behandlung einwilligen kann, sondern auch und gerade, weil der wirklich informierte Patient nicht selten dann auch nachvollziehen kann, aus welchem Grunde sich der Behandlungserfolg in seinem speziellen Fall nicht eingestellt hat, ist gerade im Vorfeld der Behandlung die Kommunikation wirksam.

Die Realität sieht leider oftmals anders auch. Viele Behandler haben schlichtweg zu wenig Zeit, um dem einzelnen Patienten die Zeit zu widmen, die dieser an sich bräuchte, um zu verstehen, was mit ihm geschieht.

Den Vorwurf der mangelnden Kommunikation gerade im Vorfeld einer Behandlung muss sich allerdings auch der Patient gefallen lassen. Kein Patient wird gezwungen sich der Behandlung bei einem bestimmten Behandler zu unterziehen.

Kein Patient ist daran gehindert, den Behandler zu Behandlungsbeginn mit Fragen zu „löchern", wenn er nicht versteht, was mit ihm jetzt geschehen soll und/oder was für Folgen ihm hieraus möglicherweise erwachsen können. Ich mache sehr oft die Erfahrung, dass sich viele Patienten schlicht und ergreifend nach dem Motto behandeln lassen „Der Arzt wird's schon richten, so genau will ich das gar nicht wissen".

Eine solche Einstellung verwundert mich, da die meisten, die ihren Wagen in die Werkstatt bringen, sehr genau wissen wollen, was im Einzelnen an Arbeiten durchzuführen sind und was die Reparatur kostet. Anders verhält es sich bei der eigenen Gesundheit. Der Patient sollte schon aus eigenem Interesse bemüht sein, aufgeklärt zu werden. Hat er das Gefühl, der Arzt nimmt sich keine ausreichende Zeit für ihn, beantwortet seine Fragen nicht oder nur unzureichend, dann muss sich der Patient überlegen ggf. seinen Behandler zu wechseln.

Ist „das Kind" - aus Sicht des Patienten - erst einmal „in den Brunnen gefallen", dann ist es ratsam sich für dieses Gespräch einen gesonderten Termin bei dem Behandler geben zu lassen.

Zu diesem Termin sollte sich der Patient vorbereiten, indem er seine Fragen, aber auch seine Erwartungen an den Behandler zuvor formuliert.

In der Regel wird der Behandler einem solchen Gespräch zustimmen.

Wichtig für ein solches Gespräch ist es, dass der Patient - auch wenn es ihm schwer fällt - die Ruhe bewahrt, das heißt sachlich bleibt. Dies hilft ihm nicht nur seine eigenen Gedanken zu ordnen, sondern verhindert das Aufkommen „atmosphärischer Störungen".

Wer dem Behandler „Pfusch" vorwirft, ihm vorhält "sich auf Kosten des Patienten bereichert zu haben", ihm mit der Presse oder gar der Staatsanwaltschaft droht, verkennt, dass die Bereitschaft des Behandlers zu einem solchen Gespräch gegen Null tendiert. Hier spielen ganz einfach - nicht nur auf Seiten des Patienten, sondern auch auf Seiten des Behandlers - menschliche Empfindungen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Möglicherweise gibt es ganz plausible Gründe, warum eine Behandlung so verlaufen ist wie sie verlaufen ist, ohne dass man von einer Fehlbehandlung ausgehen muss.

Was sollte der Patient realistischerweise von einen solchen Gespräch nicht erwarten?

Der Patient kann sicherlich nicht erwarten, dass der Behandler uneingeschränkt einräumt, schuldhaft einen Behandlungsfehler begangen zu haben und für den dem Patienten entstandenen Schaden aufzukommen zu wollen, letztlich also den Anspruch des Patienten uneingeschränkt anerkennt.

Auch darf er in der Regel keine Entschuldigung erwarten.

Warum ist das so?

I.

Ein sehr nahe liegender Grund ist zunächst im Bereich der Berufshaftpflichtversicherung des Behandlers begründet. Danach ist der Behandler nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch ganz oder zum Teil oder vergleichsweise anzuerkennen oder zu befriedigen. Bei Zuwiderhandlungen ist der Versicherer in der Regel von der Leistungspflicht frei, das heißt der Behandler zahlt den möglichen von ihm schuldhaft verursachten Schaden im Zweifel aus eigener Tasche. Schon aus der Angst heraus durch voreilige Äußerungen den Versicherungsschutz möglicherweise aufs Spiel zu setzen, erklären sich die meisten Behandler zur Frage eines Behandlungsfehlers nicht.

Hinzukommt sicherlich auch eine menschliche Komponente nach der niemand, auch nicht ein Arzt / Zahnarzt, gerne einräumt, einen Fehler begangen zu haben.

Auf der anderen Seite darf der Behandler dem Patienten auf ausdrückliches Befragen schon erklären, dass ihm möglicherweise ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Nur anerkennen darf er einen Haftpflichtanspruch des Patienten oder seiner Angehörigen nicht.

Mir haben schon des Öfteren Patienten davon berichtet, dass der Arzt in einem Gespräch erklärt hat, er werde den Fall seiner Versicherung melden und sei sich sicher, dass es hinsichtlich der Regulierung keine Probleme geben werde. Indirekt gesteht der Behandler in einem solchen Fall einen Behandlungsfehler ein, ohne den Anspruch des Patienten anzuerkennen. In solchen Fällen ist es nie zu Schwierigkeiten im Rahmen der außergerichtlichen Regulierung der Ansprüche des Patienten gekommen. Dies sind aber Ausnahmefälle.

Einschränkend wird man aber wohl auch sagen müssen, dass die Beantwortung der Frage der Regulierung von Ansprüchen grds. auch davon beeinflusst wird, welchen Umfang die möglichen Ansprüche des Patienten annehmen. In einem Geburtsschadens- oder Narkosefall mit schweren Hirnschäden infolge Sauerstoffunterversorgung sind Forderungen allein des Patienten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro die Regel. Hinzukommen mögliche Ansprüche der Krankenkasse und der Rentenversicherung. Bei einer schuldhaft misslungenen zahnprothetischen Versorgung kommen nicht selten Ansprüche im Bereich von 20.000 - 30.000 € und mehr zusammen. In solchen Fällen spielen sicherlich wirtschaftliche Überlegungen die wesentliche Rolle, um mitunter auch berechtigte Ansprüche nicht oder nur zum Teil und vor allen Dingen schleppend zu befriedigen.

Dies muss man von Seiten des Patienten - ob man will oder nicht - zur Kenntnis nehmen.

II.

Ein weiterer Grund, warum ein Arzt / Zahnarzt einen Behandlungsfehler von sich aus grds. nicht anspricht liegt darin begründet, dass er dies zwar tun kann, aber nicht tun muss.

Warum ist das so?

Die nicht lege artis durchgeführte Behandlung stellt grundsätzlich eine verfolgbare Körperverletzung dar. Im Strafrecht gilt aber der Grundsatz, dass sich niemand selbst wegen einer (möglichen) Straftat anzeigen muss. Dies hat auch Auswirkungen auf das Zivilrecht.

Darf der Arzt / Zahnarzt den Patienten auf konkrete Fragen anlügen?

Die Antwort lautet ganz klar: Nein!

Wird der Behandler von dem Patienten direkt auf einen Behandlungsfehler angesprochen, dann obliegt dem Arzt / Zahnarzt auf der Grundlage der von ihm mit Abschluss des Behandlungsvertrages übernommenen Aufklärungspflicht die Aufgabe dem Patienten zu erklären

  • wie sein jetziger Gesundheitszustand ist,
  • ob es während des Eingriffes zu Komplikationen gekommen ist,
  • welche Komplikationen konkret aufgetreten sind,
  • ob Zusatzbehandlungen erforderlich sind, um weitere Gesundheitsgefahren abzuwehren, die der Behandler durch seinen Fehler selbst geschaffen hat.

Die Worte Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler, Entschuldigung etc. braucht der Arzt / Zahnarzt dabei jedoch nicht in den Mund nehmen. Der Behandler hat dem Patienten also nur die „nackten" Fakten/Tatsachen - ohne deren rechtliche Bewertung - zu nennen.

Es ist dann Sache des Patienten, was er aus diesen Informationen macht.

Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Frage der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald der Patient oder seine Erben Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen hat.

Deshalb gehört zur Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen das Wissen, dass sich in dem Misslingen der ärztlichen Tätigkeit das Behandlungs- und nicht das Krankheitsrisiko verwirklicht hat. Dazu ist zu verlangen, dass der Patient aus seiner Sicht als medizinischer Laie erkennt, dass der aufgetretene Schaden auf einem fehlerhaften Verhalten auf der Behandlungsseite beruht (BGH VersR 1991, 815, 816; BGH VersR 1985, 74).

Wie diese Tatsachen rechtlich zu bewerten sind, ist für die Frage des Beginns der Verjährungsfrist ohne Bedeutung. (z.B. OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.05.2002 - 7 U 125/99 - Zahnersatz (LG Mannheim))

Vor diesem Hintergrund ist dem Patienten, wenn er - auch nach einem Gespräch mit dem Behandler - das Gefühl hat, dass bei der Behandlung etwas schief gegangen sein könnte und er deshalb Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen will, anzuraten, diese ohne größeren Zeitverlust zu verfolgen und sich frühzeitig beraten zu lassen.

III.

Speziell bei Zahnärzten kommt ein weiterer, nämlich ein wirtschaftlicher Grund hinzu, sich mit Blick auf einen möglichen Behandlungsfehler äußerst zurückhaltend zu äußern.

Viele Berufshaftpflichtversicherer übernehmen im Schadensfall nur die Regulierung eines geltend gemachten Schmerzensgeldes.

Warum ist das so ?

Über die Haftpflichtversicherung sind Schäden an Sachen, die Gegenstand der geschuldeten Leistung sind - so genannter Erfüllungsschaden - nicht versichert. Ist die zahnprothetische Arbeit behandlungsfehlerhaft mit einem Mangel behaftet, so hat der Zahnarzt seine Pflicht aus dem Behandlungsvertrag nicht oder zum Teil nicht erfüllt. Soweit dies dem Patienten die Möglichkeit eröffnet den Behandlungsvertrag zu kündigen, verliert der Zahnarzt seinen Honoraranspruch, der Patient braucht also nichts zu zahlen oder der Zahnarzt muss, soweit das Honorar bereits geflossen ist, dieses an den Patienten zurückzahlen. Zum dem Honorar gehören auch die Kosten des Labors, in welchem der Zahnersatz gefertigt worden ist. Dieser Einkommensverlust wird von der Haftpflichtversicherung nicht abgedeckt.

Da kommen schnell einige tausend € zusammen, die viele Zahnärzte zu zahlen nicht bereit sind.

IV.

Warum kann sich der Arzt / Zahnarzt beim Patienten nicht einfach entschuldigen?

Selbstverständlich kann der Behandler sein Bedauern über den Behandlungsverlauf und die hieraus für den Patienten entstandenen Folgen zum Ausdruck bringen. Dies geschieht sogar in nicht wenigen Fällen.

Eine Entschuldigung sollte der Patient aber nicht erwarten. Während der Ausdruck des Bedauerns juristisch unbefangen ist, kommt eine „Entschuldigung" einem tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Verhalten gleich; denn entschuldigen tut sich nur derjenige, der auch schuldhaft einen Fehler gemacht hat.

V.

Nicht vergessen darf man auch, dass es oftmals schwierig ist eine verbindliche Aussage dahin zu treffen, ob wirklich ein Behandlungsfehler vorliegt oder man - wie in den überwiegenden Fällen - von einem schicksalhaften Verlauf sprechen muss.

Denn eines darf man auch als Patient sicherlich nicht vergessen:

Die Behandlung eines Patienten ist in der Regel ein komplizierter Vorgang. Der Mensch ist keine Maschine bei der es ausreicht, beschädigte und verschlissene Teile auszutauschen, so dass die Maschine auch in den nächsten Jahren bei entsprechender Wartung und Pflege wieder einwandfrei ihren Dienst verrichten kann.

Die Frage des Behandlungserfolges hängt von vielen Faktoren ab, zu denen sicherlich in erster Linie die dem medizinischen Standard entsprechende und dem Patienten geschuldete Behandlung liegt, aber auch z.B. die vom Behandler zum Teil nicht oder nur schwer zu steuernde psychische und physische Konstitution des Patienten und seine Bereitschaft seinen Teil zum Eintreten des angestrebten Behandlungserfolges beizusteuern, in dem er sich zum Beispiel an die Anweisungen des Arztes / Zahnarztes hält.

Auch dies ist eine nicht hinweg zu diskutierende Tatsache.

 

Teil 2

A. Wenn das Gespräch mit dem Behandler zu keinem Ergebnis geführt hat? Welche Ansprechstellen und Möglichkeit den Nachweis eines Behandlungsfehlers zu führen gibt es für mich als Patient?

  • Patientenschutzeinrichtungen wie den Arbeitskreis Medizingeschädigter, AKMG
  • die eigene Krankenkasse
  • kassenzahnärztliches Gutachten
  • die Schlichtungsstelle für Fragen ärztlicher/zahnärztlicher Haftpflicht, zu erfragen

bei den zuständigen Ärzte-/Zahnärztekammern

  • gerichtliches Beweissicherungsverfahren
  • Privatgutachten
  • der arzthaftungsrechtlich vorgebildete Rechtsanwalt, zu erfragen über die Rechtsanwaltskammern, die Gelben Seiten oder Patientenschutzeinrichtungen wie den Arbeitskreis Medizingeschädigter, AKMG

B. Was können die verschiedenen Einrichtungen konkret für mich tun? Mit welchen Kosten werde ich möglicherweise belastet?     

I. Patientenschutzeinrichtungen

Einrichtungen wie der Arbeitskreis Medizingeschädigter, AKMG nehmen dem Geschädigten zunächst einmal das Gefühl „allein" mit seinem Problem zu stehen und zeigen u.a. auf, welche Möglichkeiten der Patient grds. hat „seinen Fall" überprüfen zu lassen, kann einen ersten Kontakt zu Gutachtern und Rechtsanwälten herstellen, die ähnliche gelagerte Fälle bearbeiten oder in der Vergangenheit bearbeitet haben, geben aber auch praktische Tipps und Hilfestellungen z.B. zu Themen wie Amputationen, Amputationsbeschwerden, dem Leben mit Prothese und den daraus gewonnen Erfahrungen. Von einem geringfügigen Mitgliedbeitrag einmal angesehen, sind die Dienste des Arbeitskreises Medizingeschädigter,  AKMG kostenfrei.

II. Die Krankenkasse

Der gesetzlich Versicherte hat die Möglichkeit durch Einschaltung des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) ein "internes" Gutachten mit Blick auf einen möglichen Behandlungs- und Aufklärungsfehler einzuholen.

1. MDK-Gutachten

Rechtsgrundlage ist für die Einholung eines solchen Gutachtens ist § 66 SGB V, wonach die gesetzlichen Krankenkassen den versicherten Patienten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen unterstützen können, die dem Patienten zustehen und nicht nach § 116 SGB X auf die Krankenkasse übergegangen sind. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Kann-Bestimmung, das bedeutet, dass eine Verpflichtung der Krankenkasse zur Einholung eines solchen Gutachtens nicht besteht. Auf der anderen Seite zeigt sich immer wieder, dass die Krankenkassen von dieser Möglichkeit in der Regel Gebrauch machen.

Vorteile des MDK-Gutachtens für den Patienten 

"Intern" bedeutet, dass die Tatsache der Begutachtung und das Ergebnis der Begutachtung dem Behandler in der Regel nicht zur Kenntnis gelangt.

Das Gutachten ist zu dem kostenfrei.

Der Patient erhält eine erste (interne) gutachterliche Stellungnahme.

Nachteile des MDK-Gutachtens für den Patienten

Der MDK begutachtet den Fall in der Regel nach Aktenlage, das heißt nach den vorliegenden Behandlungsunterlagen. Eine körperliche Untersuchung des Patienten findet in der Regel nicht statt.

Ein weiterer Nachteil der Einholung eines Gutachtens durch den MDK ist sicherlich darin zu sehen, dass die Begutachtungsdauer in der Regel zwischen 9 und 12 Monaten in Anspruch nimmt. Dies kann, mit Blick auf die nicht aus dem Auge zu verlierende Verjährungsproblematik mitunter zu einem Problem für den Patienten werden. Die Einschaltung des MDK hemmt nicht den Lauf der Verjährung.

Der Patient kann - ebenso wenig wie die Krankenkasse - keinen Einfluss auf die Auswahl des Gutachters nehmen.

Über die Qualität der Gutachten kann man trefflich streiten. Ich persönlich habe weniger gute Erfahrungen mit Gutachten des MDK. Auf der anderen Seite ist festzustellen, dass gerade solche Patienten, die keine Rechtsschutzversicherung besitzen und auch nicht in der Lage sind ein Privatgutachten zu finanzieren, darauf angewiesen sind Dienste, wie die des MDK, zu nutzen, da die Gutachten doch zumindest eine erste Einschätzung des Sachverhaltes geben.

2. Kassenzahnärztliches Gutachten

Im Rahmen der Begutachtung einer zahnärztlichen Behandlung besteht die Möglichkeit der Erstellung eines kassenzahnärztlichen Gutachtens. Stellt die Krankenkasse fest, dass eine bereits genehmigte und bezahlte Versorgung erneut durchgeführt wird oder teilt der Patient der Krankenkasse mit, einen vermeintlichen Behandlungsfehler erlitten zu haben, so holt die Krankenkasse ein so genanntes kassenzahnärztliches Gutachten ein.

Sinn eines solchen Gutachtens ist nicht die Feststellung eines etwaigen Verschuldens des Zahnarztes; vielmehr soll allein der Zustand der Mund-, Zahn- und Gebissverhältnisse des Patienten sowie das etwaige Vorliegen eines Mangels festgestellt werden.

Beispiel für den Inhalt eines solchen Gutachtens:

Die Patientin klagt über lockeren Sitz des Ersatzes und über " Luft " zwischen linkem Unterkieferkamm und Prothesenbasis. Diese Beschwerden sind nachvollziehbar. Der Ersatz kann wieder funktionstüchtig gestaltet werden:

  • die Teleskope 44 und 45 müssen in der Friktion verstärkt werden
  • der linke Sattel muss unterfüttert werden
  • die Frühkontakte bei 14,16, 44, 46 und 24,26, 34, 36 sollten beseitigt und die Okklusion eingeschliffen werden

Das bloße Vorliegen eines Mangels, der durch ein kassenzahnärztliches Gutachten festgestellt wird, indiziert jedoch kein Verschulden des Zahnarztes. Aus diesem Grunde hat ein solches Gutachten für den Patienten nur einen eingeschränkten Nutzwert.

Hintergrund dieses Gutachtens ist, dass Füllungen und Zahnersatz gemäß § 136 b SGB V nur dann eine Kassenleistung darstellen, wenn der Zahnarzt bei der Planung einschätzen kann, dass die Versorgung mindestens einen Zeitraum von zwei Jahren hält.

Der Vertragszahnarzt ist daher verpflichtet, eine Gewähr über die Haltbarkeit von Füllungen und Zahnersatz, die er eingegliedert hat, zu übernehmen. Innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren muss der Zahnarzt Mängel kostenlos beseitigen und notwendige Erneuerungen kostenfrei vornehmen. Muss eine Leistung innerhalb des Gewährleistungszeitraumes von zwei Jahren durch einen Nachbehandler wiederholt werden, so kann die Krankenkasse, wenn sie bereits die prothetische Behandlung gezahlt oder zumindest bezuschusst hat, diese Kosten innerhalb des Gewährleistungszeitraums zurückfordern, sofern dem Erstbehandler eine fehlerhafte Plan-ung oder Ausführung angelastet wird.

Das kassenzahnärztliche Gutachten hilft also weniger dem Patienten, als mehr der Krankenkasse.

3. Die Schlichtungsstelle

Die Schlichtungsstelle ist eine bei den Landesärzte-/Zahnärztekammern eingerichtete Institution, die es Patienten- und Behandlerseite ermöglicht, einen Sachverhalt begutachten zu lassen.

Vorteile des Schlichtungsverfahrens für Patient und Behandler

Das Verfahren ist kostenfrei, das heißt auch hier bekommt der Antragsteller ein kostenloses Gutachten.

Das Gutachten der Schlichtungsstelle ist für keine Seite bindend. Selbst wenn die Schlichtungsstelle einen Behandlungsfehler und die Kausalität für den behaupteten Schaden nicht feststellt, ist der Patient nicht gehindert, seinen vermeintlichen Anspruch notfalls auch vor Gericht weiterzuverfolgen. Es hängt allerdings in jedem Einzelfall von den konkreten Umständen ab, ob ein solches Vorgehen dann auch Sinn macht.

Gleiches gilt natürlich auch für den umgekehrten Fall. Stellt die Schlichtungsstelle einen Behandlungsfehler und die Kausalität für den behaupteten Schaden fest, dann ist auch die Behandlerseite an diese Feststellungen nicht gebunden. Mangels Bindungswirkung  der Empfehlung der Schlichtungsstelle für die Parteien besteht auch keine Verpflichtung zur Zahlung möglicher Ansprüche. In diesem Fall bleibt dann nur der Weg über die Klage bei Gericht.

In der Regel wird der Patient aber mit dem Behandler und seiner Haftpflichtversicherung einen Weg finden, die Angelegenheit einvernehmlich außergerichtlich zu regeln.

Ein weiterer, sehr wichtiger Vorteil dieses Verfahrens ist, dass bei Zustimmung von Behandler und Patient die Schlichtungsstelle anzurufen, während der Dauer dieses Verfahrens die Verjährungsfrist der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen eines Behandlungsfehlers gehemmt sind. Dies gilt auch für solche Ansprüche, die nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist während desselben Schadensereignisses mit einer Aufklärungspflichtverletzung begründet werden.

Nachteile des Schlichtungsverfahrens

Wie im Falle des MDK erfolgt auch hier die Begutachtung in der Regel nach Aktenlage, also auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen sowie des vorgetragenen Sachverhaltes der Parteien. Eine körperliche Untersuchung des Patienten findet in der Regel nicht statt.

Das Verfahren ist für beide Seiten freiwillig, das heißt keine Seite ist verpflichtet einem solchen Verfahren beizuwohnen. Lehnt der Antragsgegner die Teilnahme an dem Verfahren ab, bedarf es hierzu keiner Begründung. In diesem Fall ist das Verfahren beendet, eine Begutachtung findet nicht statt.

Auch hier ist mit einer Dauer der Begutachtung zwischen 6 und 12 Monaten zu rechnen.

Darüber hinaus findet eine Begutachtung in folgenden Fällen nicht statt:

  • Ein Gerichtsverfahren oder ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen derselben Tatsachen ist anhängig. Wird ein solches Verfahren nach Anrufung der Schlichtungsstelle eröffnet, so wird das Verfahren vor der Schlichtungsstelle ausgesetzt.
  • Der behauptete Behandlungsfehler liegt im Zeitpunkt der Antragstellung länger als fünf Jahre zurück.
  • Es wird kein Behandlungsfehler geltend gemacht.
  • Es handelt sich um behauptete Schäden im Zusammenhang mit der Erstattung von ärztlichen Gutachten.
  • Wegen des Behandlungsfehlers können Ansprüche aus Amtshaftung geltend gemacht werden.

Von vielen Kritikern wird der Einwand gegen die Schlichtungsstelle erhoben, man bekomme dort keine objektiven Gutachten. Schließlich werde diese Einrichtung von der Ärzteschaft getragen.

Ich persönlich kann nicht bestätigen, dass die Schlichtungsstelle per se nach dem „Krähenprinzip" arbeitet, d.h. keine objektiven Gutachten erstattet. Auch kann ich nicht bestätigen, dass man als Patient so gut wie keine Chance hat ein Gutachten/eine Empfehlung von der Schlichtungsstelle zu bekommen, in dem/in der ein Behandlungsfehler pp. festgestellt wird.

Sicherlich wird man auch hier fairerweise sagen müssen, dass in nicht wenigen Fällen ein Behandlungsfehler schlicht und ergreifend nicht vorliegt oder vielleicht ein solcher vorliegt, dieser aber für die behaupteten Schäden nicht oder nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlicht ursächlich geworden ist.

Sicherlich wird es, wie auch bei Privatgutachten, einfach nur schlechte Gutachten, geben. Nicht auszuschließen ist, dass in Einzelfällen Gutachten nach dem Gefälligkeitsprinzip gefertigt werden.

Nicht unerwähnt bleiben darauf aber auch, dass nach meiner persönlichen Erfahrung viele Gutachten bei der Schlichtungsstelle schlicht und ergreifend auch deshalb scheitern, weil bereits bei der Antragstellung von Seiten des Patienten, aber nicht selten auch von Seiten des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes handwerkliche Fehler begangen werden. Hierzu werde ich weiter unten ein Beispiel bringen.

Liegt aber erst einmal ein „falsch negatives" Gutachten vor, ist es noch schwerer seine Ansprüche zu verfolgen.

Schließlich muss man gerade bei Fragen ärztlicher Haftung nicht nur objektiv, sondern auch und gerade realistisch bleiben. Wenn der Patient kein Geld für die Beauftragung eines Privatgutachters hat, dann bleibt ihm - ob er will oder nicht - gar nichts anderes übrig, als auf die Dienste solcher Einrichtungen zurückzugreifen.

Die dem Antragsteller in diesem Verfahren entstandenen Kosten, z. B. die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, werden auch bei positivem Ausgang nicht erstattet.

4. Beweissicherungsverfahren

Das Beweissicherungsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren mit dem ausschließlichen Zwecke Tatsachen festzustellen, nämlich den Zustand einer Person oder Sache, die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels sowie den Aufwand für die Beseitigung von Schäden.

Gegenstand dieses Verfahrens ist es also nicht die Frage zu klären, ob der Geschädigte einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch hat oder nicht.

Jede Partei kann mit Zustimmung der anderen oder bei Besorgnis eines Beweisverlustes, bei Gefahr der Beweiserschwerung oder rechtlichen Interessen an der Feststellung des gegenwärtigen Zustandes einer Sache die Vernehmung von Zeugen und die Beauftragung von Sachverständigen zum Zwecke der Beweissicherung beantragen.

Vorteile des Beweissicherungsverfahrens

Bei der durch das Gericht zu erfolgenden Bestellung des Sachverständigen orientieren sich viele Gerichte nicht selten am Vorschlag des Antragstellers. Es besteht also die beschränkte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Auswahl des Sachverständigen.

Der gerichtliche bestellte Sachverständige urteilt nicht stur nach Aktenlage, sondern untersucht den Patienten in der Regel.

Während der Dauer dieses Verfahrens ist der Lauf der Verjährung der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen eines Behandlungsfehlers gehemmt.

Selbst wenn das Gutachten negativ für den Geschädigten ausgeht, heißt dies nicht zwangsläufig, dass er auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verzichten muss. Eine andere Frage ist die, ob es Sinn macht.

Da es sich um ein gerichtliches Verfahren handelt, werden die damit verbundenen Kosten - Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten, Sachverständigenkosten - in der Regel von einer bestehenden Rechtsschutzversicherung getragen.

Unter bestimmten Umständen hat der Unterlegene dem Anderen die ihm entstandenen Kosten zu erstatten.

Ist der Antragsteller nicht in der Lage die Kosten eines solchen Verfahrens zu finanzieren, so besteht im isolierten Beweissicherungsverfahren die Möglichkeit der Beantragung von Prozesskostenhilfe. Um einem weit verbreiteten Irrglauben vorzubeugen, weise ich aber ausdrücklich darauf hin, dass Prozesskostenhilfe nicht bedeutet von sämtlichen Kosten eines solchen Verfahrens freigestellt zu werden. Prozesskostenhilfe bedeutet, dass man von den Kosten des eigenen Anwaltes und den Gerichtskosten, nicht aber von den Kosten des anwaltlich vertretenen Antragsgegners freigestellt werden kann.

Die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen sind für die Parteien und im Rahmen eines sich hieran anschließenden Rechtsstreits auch für das dann zu entscheidende Gericht bindend.

Nachteile des Beweissicherungsverfahrens

Die Dauer des Beweissicherungsverfahrens beträgt - so meine persönlichen Erfahrungen - im günstigsten Fall 12 Monate, in der Regel noch länger.

 

5. Privatgutachten

Vorteile des Privatgutachtens

Privatgutachten haben den Vorteil, dass sich der Geschädigte den Gutachter selbst aussuchen, das heißt direkt Einfluss auf die Auswahl des Sachverständigen nehmen kann.

Auch hier handelt es sich um ein so genanntes "internes" Gutachten, das heißt die Gegenseite bekommt von der Tatsache der Begutachtung und dem Ergebnis der Begutachtung keine Kenntnis.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei der Beauftragung eines Privatgutachters ist der Faktor Zeit. Während im Rahmen einer Begutachtung durch den MDK oder die Schlichtungsstelle, aber auch im Rahmen eines gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens mit einer Wartezeit von vielen Monaten gerechnet werden muss bis ein Ergebnis vorliegt, liegt ein solches im Falle der Einschaltung eines Privatgutachters in der Regel schon nach wenigen Wochen vor.

Nachteile des Privatgutachtens

Die zum Teil nicht unerheblichen Kosten eines Privatgutachters hat der Geschädigte selbst zu tragen. Diese werden ihm in der Regel auch nicht von der Rechtsschutzversicherung erstattet. In ganz seltenen Fällen beteiligen sich die gesetzlichen Krankenkassen auf freiwilliger Basis an den Kosten eines solchen Gutachtens, insbesondere dann, wenn die behaupteten Schäden ein größeres Ausmaß annehmen und auch für die Krankenkasse noch die Möglichkeit besteht, Regress bei der Behandlerseite zu nehmen.

Auch im Falle eines Rechtsstreites, den der Geschädigte auf der Grundlage eines solchen Gutachtens anstrengt und gewinnt, wird er die Kosten des Privatgutachters  nicht von der Gegenseite erstattet bekommen. So wird sich der Patient hier dem Vorwurf ausgesetzt sehen, kostenlose Möglichkeiten der Nachweisführung - Gutachten durch den MDK oder die Schlichtungsstelle - nicht genutzt zu haben.

6. Mit dem Arzthaftungsrecht vertrauter Rechtsanwalt

Die Aufgaben des mit Arzthaftungsfragen beauftragten Rechtsanwaltes bestehen

  • in der vollständigen Erfassung des vorwerfbaren oder vorgeworfenen ärztlichen Verhaltens/Unterlassens;
  • in der Eingrenzung des konkreten Behandlungszeitraumes, verbunden mit der zwingend erforderlichen Prüfung möglicher Verjährung;
  • die schonungslose Aufklärung des Mandanten über die mit jedem arzthaftungsrechtlichen Fall verbundenen Erfordernisse und Schwierigkeiten, wozu nicht nur juristische Informationen gehören, sondern auch und gerade der deutliche Hinweis darauf, dass sich der Mandant auf ein sehr zeitaufwändiges und mitunter nervenaufreibendes Abenteuer einlässt, das gerade von dem Betroffenen - gleich ob Arzt oder Patient - sehr viel Stehvermögen verlangt;
  • die Einholung sämtlicher Behandlungsunterlagen; leider gibt es noch immer Rechtsanwälte, die mit ihren Mandanten in ein gerichtliches Verfahren gehen, ohne die Behandlungsunterlagen jemals eingesehen, geschweige denn beigezogen zu haben. Dies ist ein grober Kunstfehler eines Anwaltes.
  • Beauftragung eines Gutachters; leider gibt es noch immer Rechtsanwälte, die es ihren Mandanten überlassen einen geeigneten Gutachter zu benennen. Auch dies halte ich für einen groben Schnitzer eines jeden Anwaltes.
  • Unabhängig davon, ob die Krankenkasse, die Schlichtungsstelle oder ein Privatgutachter mit der Fertigung eines Gutachtens beauftragt wird, so sollte der Anwalt durch gezielte Fragestellungen Einfluss auf das Gutachten nehmen.

Ein Fragekatalog nach dem Motto

1. Liegt ein Aufklärungsmangel oder ein Dokumentationsmangel vor?

2. Liegen Verstöße gegen die allgemeinen Regeln der ärztlichen Kunst beziehungsweise der Sorgfaltspflichten vor?

3. Welche Alternativen gab es?

4.   Worauf sind die Gesundheitsbeschädigungen zurückzuführen?

5.   Welche der späteren medizinischen Maßnahmen/Pflegemaßnahmen waren aufgrund der bemängelten Maßnahmen ganz oder teilweise notwendig?

zeigt, dass der Rechtsanwalt von der medizinischen Materie keinerlei Kenntnis hat. Ein solcher Rechtsanwalt wird auch kaum in der Lage sein, sich kritisch mit einem ihm vorgelegten Gutachten auseinander zu setzen.

  • Einschaltung der Rechtsschutzversicherung; immer mehr Rechtsschutzversicherungen zeigen die Neigung bei der ersten Deckungsschutzanfrage Kostenschutz mit der Begründung abzulehnen, das Risiko sei nicht versichert oder aber der Versicherungsnehmer wird aufgefordert, der Rechtsschutzversicherung darzulegen, worin nach seiner Auffassung der Behandlungsfehler liegt. Hierzu sind der Mandant und auch der Rechtsanwalt gerade zu Beginn eines Mandats konkret noch gar nicht in der Lage. Für die Frage des Deckungsschutzes ist dies jedoch auch unerheblich.
  • Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer des Behandlers

Der - nur auf den ersten Blick - einzige Nachteil für die Einschaltung eines mit Arzthaftungsfragen vertrauten Rechtsanwaltes ist das von diesem für seine Tätigkeit verlangte Honorar, welches nicht immer oder nicht immer in der Höhe von der Rechtsschutzversicherung oder im Falle eines Obsiegens von der Gegenseite bezahlt wird.

Die Höhe des anwaltlichen Honorars orientiert sich z. B nach dem so genannten Gegenstandswert, vereinfacht ausgedrückt nach dem Wert der Ansprüche. Daneben sind Stundenhonorare oder auch Honorare auf der Basis erhöhter Rechtsanwaltsgebühren denkbar. Beides ist mit dem Anwalt zu vereinbaren.

 

Teil 3

 Ist es sinnvoll, wenn mich ein Rechtsanwalt auch gegenüber der Krankenkasse oder der Schlichtungsstelle vertritt? Wann sollte ich überhaupt einen Rechtsanwalt einschalten?

Die Einschaltung eines auf dem Gebiet Arzthaftungsrechts versierten Rechtsanwaltes sollte so früh wie möglich erfolgen, damit  der Sachverhalt von Anbeginn umfassend aufgearbeitet wird und die Weichen für den Fortgang des Verfahrens von Anbeginn in die richtige Richtung gelenkt werden. Ziel des Gespräches mit dem Mandanten ist es, soweit möglich, einen objektiven Sachverhalt feststellen zu können.

Zur Sachverhaltsermittlung ist es zwingend notwendig, die vollständigen Behandlungsunterlagen von allen Behandlern einzuholen. Dem Patienten steht das Recht, Einsicht in seine Behandlungsunterlagen nehmen können, unbestritten zu. Nur zeigt die Praxis allzu oft, dass dem Patienten, wenn er ohne anwaltlichen Beistand von diesem Recht Gebrauch macht, in nur unzureichender Weise tatsächlich Einsicht in die Behandlungsunterlagen bekommt.  So nützt es dem Patienten überhaupt nichts, wenn er das Angebot des Behandlers, während der Sprechzeiten zusammen mit dem Behandler die Unterlagen durchzugehen, Gebrauch macht. Die wenigsten Patienten sind in der Lage die Unterlagen auf Vollständigkeit und Richtigkeit hin zu sichten, geschweige denn ihren Inhalt auch und gerade unter juristischen Gesichtspunkten zu bewerten.

Oftmals werden dem Patienten, nachdem er den Behandler um Einsicht in seine Behandlungsunterlagen angesprochen hat, Kopien von Operationsberichten  oder Laborbefunden ausgehändigt. So berichten auch immer wieder Patienten davon, dass sie einen Behandlungsfehler zweifelsfrei nachweisen könnten, schließlich verfüge man über den Operationsbericht.

Hier verkennen viele Patienten, dass der Operationsbericht in vielen Fällen nicht oder nur die halbe Wahrheit ist.

Beispiel:

Der dreißigjährige Mandant verdrehte sich daheim das Knie und verspürte in der Folge immer stärker werdende Schmerzen. Er wird vom Hausarzt an den Orthopäden überwiesen, der den Mandanten auf Verdacht einer so genannten Gichtarthritis untersucht und eine so genannte Kniegelenkspunktion durchführt, um die dabei entnommene Flüssigkeit im Labor untersuchen zu lassen.

Bei diesen Eingriff verwirklichte sich ein wenn auch seltenes, aber für diesen Eingriff typisches und mit absoluter Sicherheit nicht vermeidbares Risiko der Infektion des Knies mit Staphylokokkus Areus, einem aggressiven Keim, der, wenn nicht sofort behandelt, im günstigsten Fall nur das Kniegelenk zerstört.

In der Folge wurde das Knie dick, geschwollen, heiß und unbeweglich. Der Patient begab sich ins örtliche Krankenhaus. Für den übernächsten Tag wurde eine Arthroskopie (endoskopische Untersuchung des Gelenks und Entnahme von Flüssigkeit zu diagnostischen Zwecken) durchgeführt. Da die entnommene Flüssigkeit optisch keine Auffälligkeiten zeigte, versandte man die Probe ins Labor, ohne den Mandanten schon zu diesem Zeitpunkt rein prophylaktisch mit Antibiotika zu versorgen. Drei Tage später traf der Laborbefund "Staphylokokkus Areus " im Krankenhaus ein. Anderthalb Tage später wurde die Antibiotikatherapie in die Wege geleitet. In der Folge wurden sechs chirurgische Eingriffe am Knie vorgenommen. Zwischenzeitlich musste dem Mandanten ein künstliches Kniegelenk eingesetzt werden.

Das Krankenhaus hatte jegliche Verantwortung gegenüber dem Mandanten verneint und auf ein Verschulden des Orthopäden hingewiesen.

Ein Verschulden des Orthopäden lag nach den Schilderungen des Mandanten nahe, ließ sich aber anhand der Behandlungsunterlagen und der Tatsache, dass bei der Behandlung nur Arzt und Patient anwesend waren, nur schwer beweisen.

Die von dem Mandanten vorgelegten Operationsberichte des Krankenhauses brachten keinen Aufschluss über einen möglichen Behandlungsfehler im Krankenhaus. Anders verhielt sich der Sachverhalt nach Beiziehung der vollständigen Behandlungsunterlagen. So ergab sich aus dem Anamnesebogen, der am Tag des ersten Krankenhausbesuches gefertigt wurde, dass dem aufnehmenden Arzt von der zuvor durchgeführten Kniegelenkspunktion und den darauf aufgetretenen Beschwerden  " Knie geschwollen, heiß und unbeweglich "  berichtet worden war. Bei dieser Vorgeschichte musste der Arzt zwingend auch an eine Infektion des Knies mit Staphylokokkus Areus im Zusammenhang mit der Tage zuvor durchgeführten Kniegelenkspunktion denken, noch am selben Tage eine Arthroskopie und eine Antibiotikatherapie in die Wege leiten.

Die unter anderem auf der Grundlage eines zuvor privat eingeholten Sachverständigengutachtens gegen die verantwortlichen Ärzte des Krankenhauses erhobenen Vorwürfe - Diagnosefehler sowie grober Behandlungsfehler durch verschleppte Behandlung schon beim ersten Krankenhausbesuch und erst Recht nach Vorliegen der eindeutigen Laborbefunde - wurden vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht bestätigt und das Krankenhaus zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadersatz verurteilt.

Sicherlich kann der Rechtsanwalt - von ganz wenigen Ausnahmen hat gesehen - die Frage, ob ein Behandlungsfehler, der für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist, nicht, zumindest nicht zweifelsfrei, beantworten. So ist auch der Rechtsanwalt auf die Unterstützung eines medizinischen Sachverständigen angewiesen. Aufgrund seiner Routine erkennt der Rechtsanwalt aber oftmals Punkte, denen es bei dem Versuch der Nachweisführung besonders nachzugehen gilt. Der Anwalt nimmt also Einfluss auf die bei der Erstellung eines medizinischen Gutachtens zu beantwortenden Fragen. Der Gutachterauftrag sollte sich nicht auf allgemeine Fragen beschränken, denn je allgemeiner der Auftrag formuliert ist, desto allgemeiner - und in der Regel auch oberflächlicher - wird der Auftrag abgearbeitet, fällt das Ergebnis des Gutachtens oftmals aus.

Wie wichtig die frühzeitige Einflussnahme geradezu Beginn der Fallbearbeitung ist, zeigen nachfolgende Beispiele: 

Negatives Beispiel:

Die Patientin litt für den Behandler erkennbar bereits vor Behandlungsbeginn an Parodontitis (Abbau des Zahnhalteapparates mit der Folge, dass die Zähne keinen ausreichenden Halt haben). Im Unterkiefer waren die Zähne 41 und 31 (Frontzähne) so  wackelig, dass sie entfernt werden mussten. Die Zahnärztin  gliederte in der Folge eine Brücke ein, die an Zahn 42 und 32 befestigt wurde. Das eigentliche Problem der Patientin, die Parodontitis, wurde nicht behandelt mit dem Ergebnis, dass sich schon nach wenigen Monaten auch die Zähne 42 und 32 lockerten, entfernt werden mussten mit der weiteren Folge, dass auch der zuvor eingegliederte Zahnersatz erneuert werden musste.

Die Patientin wandte sich ohne Auswertung der vollständigen Behandlungsunterlagen und ohne Einschaltung eines versierten Rechtsanwaltes direkt an ihre Krankenkasse.

Der Sachbearbeiter der Krankenkasse erteilte dem MDK den Auftrag zur Begutachtung des Falles. Die Behandlungsunterlagen lagen nicht nur der Patientin, sondern auch der Krankenkasse nicht vor.  Es wurde folgender allgemein gehaltener Fragekatalog für den MDK formuliert:

1.       Liegt ein Aufklärungsmangel oder ein Dokumentationsmangel vor?

2.       Liegen Verstöße gegen die allgemeinen Regeln der ärztlichen Kunst beziehungsweise der Sorgfaltspflichten vor?

3.       Welche Alternativen gab es?

4.       Worauf sind die Gesundheitsbeschädigungen zurückzuführen?

5.       Welche der späteren medizinischen Maßnahmen/Pflegemaßnahmen waren aufgrund der bemängelten Maßnahmen ganz oder teilweise notwendig?

Der MDK forderte bei der Zahnärztin die Behandlungsunterlagen an. Wie dem Gutachten zu entnehmen war, fertigte die Zahnärztin den MDK mit einem Bruchteil der Behandlungsunterlagen ab. So hieß es in dem späteren Gutachten:

„ ... sich die Rekonstruktion des Behandlungsablaufs der Beklagten außerordentlich schwierig, ja geradezu qualvoll gestaltet. So wurde ihm weder ein Heil- und Kostenplan mit einem Planungsschema für die vorgenommene Zahnersatzversorgung, sondern ausschließlich eine elektronische Kartei, die ausschließlich Abrechnungspositionen und Abrechnungskürzel, nicht aber eben einen brauchbaren klinischen Befund, keine Diagnose, keine Anmerkungen..."

zur Verfügung gestellt.

Gleichwohl glaubte sich der MDK auf der Grundlage der spärlichen Unterlagen in der Lage ein Gutachten erstellen zu können.

Zusammenfassende Beurteilung des MDK, Zitat:

1.       Bereits vor der 2003 bei Frau Dr. XY begonnenen Behandlung hatte eine generalisierte entzündliche marginale Parodontopathie bestanden.

2.       Die Planung der von Frau Dr. XY im Jahre 2003 eingegliederten Unterkiefer-Teilprothese hat dem medizinischen Standard entsprochen.

3.       Die Ungenauigkeiten der von Frau Dr. XY im Jahre 2003 eingegliederten Unterkiefer-Teilprothese sind auf die mangelhafte technische Ausführung und unzureichende Anpassungen zurückzuführen.

4.       Der Verlust der Zähne 32 und 34 kann nicht auf den von Frau Dr. XY im Jahre  2003 eingegliederten Unterkiefer-Zahnersatz zurückgeführt werden.

Der Gutachter hätte m. E. die Fertigung des Gutachtens ablehnen müssen, nachdem ihm - schon nach eigenem Bekunden - nicht sämtliche Behandlungsunterlagen vorlagen.

Das Gutachten war m. E. u.a. schon deshalb fehlerhaft, weil die Zahnersatzrichtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen bei der Versorgung eines Patienten mit Zahnersatz nicht nur die notwendige konservativ-chirurgische, sondern vor allen Dingen auch die systematische parodontale Behandlung der Restgebisses vorschreiben. Im Klartext bedeutet dies, dass der Zahnarzt gehalten ist, soweit notwendig, vor definitiver Eingliederung von Zahnersatz eine parodontale Behandlung vorzunehmen. So sieht es auch die obergerichtliche Rechtsprechung.

Das Ergebnis des Gutachtens war auch deshalb so kurios, weil der Sachverständige des MDK das Vorliegen einer ausgeprägten Parodontitis vor der im Jahre 2003 begonnenen Behandlung selbst bestätigte.

Eine Nachbegutachtung wurde von der Krankenkasse nicht in die Wege geleitet. Stattdessen wurde das Gutachten dem Patienten ausgehändigt. Zu allem Unglück wandte sich dieser mit dem Gutachten an den Zahnarzt beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung, die ja geradezu herausgefordert, auf der Grundlage dieses Gutachtens, jegliche Schadensersatzleistung verweigerte.

Gerade dieser Fall ist ein Musterbeispiel dafür, was man insbesondere zu Beginn des Falles alles falsch machen kann:

  • Die vollständigen Behandlungsunterlagen waren weder von der (unwissenden) Patientin noch von der Krankenkasse beigezogen worden.
  • Vor diesem Hintergrund wurde ein völlig unzulänglicher Gutachterauftrag erteilt worden.
  • Der Sachverständige des MDK fertigte ein Gutachten auf einer völlig unzureichenden Grundlage.

Auf Grund von Erfahrungen aus vergleichbaren Fällen im Zusammenhang mit der Behandlung von parodontalen Erkrankungen sowie von einem Zahnarzt zusätzlich beraten habe ich gleich wohl - auch wegen der drohenden Verjährung - für die Patientin Klage beim zuständigen Landgericht eingereicht. Die Entscheidung steht aus.

Positives Beispiel: 

Die 29 Jahre alte, privat versicherte Patientin stellte sich am 23.8.2005 erstmalig wegen nicht genau einzugrenzender Schmerzen im Unter- und Oberkiefer in der Praxis des Zahnarztes vor. Der Zahnarzt untersuchte die Patientin und glaubte eine defekte Füllung und Karies an Zahn 26 (Backenzahn oben rechts), entdeckt zu haben. Er entfernte die Karies und legte die Füllung. Der Zahnarzt war sich absolut sicher die Quelle der Schmerzen gefunden zu haben. Eine Röntgenaufnahme wurde an diesem Tag nicht gefertigt. Obschon die Patientin nie Beschwerden an diesem Zahn verspürt hatte und den Zahnarzt auch auf ihre schlimmen Erfahrungen mit Zahnwurzelerkrankungen in der Vergangenheit aufmerksam gemacht hatte, ließ der Zahnarzt von seiner Meinung nicht ab, die Quelle der Schmerzen gefunden und behandelt zu haben. Kaum war die Patientin daheim und hatte die Wirkung der Betäubungsspritze nachgelassen, wurde sie wieder von entsetzlichen Zahnschmerzen geplagt, so dass sie sich erneut in die Praxis des Zahnarztes begab. Jetzt fragte der Zahnarzt die Patientin, ob sie irgendwelche Röntgenaufnahmen besitze, die sie ihm vorbeibringen könne. Die Patientin erklärte, dass sie über einen (Papier-) Ausdruck eines OPG (Orthopantogramm / Übersichtsaufnahme vom Ober- und Unterkiefer) aus dem Jahre 2001 verfüge, worauf der Zahnarzt bat am 26.8.2005, also drei Tage später, die Aufnahme vorbei zu bringen. Der Zahnarzt schaute sich die Aufnahme an und stellte die Diagnose chronisch beherdeter Zahn 36, was objektiv falsch war. Auf der Grundlage des Papierausdruckes einer vier Jahre alten Röntgenaufnahme führte der Zahnarzt eine Wurzelkanalbehandlung durch, wobei er nach Aufbereitung der Wurzelkanäle und Einbringung eines Medikamentes die Wurzelkanäle nicht bakteriendicht verschloss. Diese Prozedur wiederholte sich zwei Tage später. Als die Patientin am 9.9.2005 noch immer über heftige Zahnschmerzen klagte, veranlasste der Zahnarzt eine Röntgenaufnahme, füllte die Wurzelkanäle und verschloss sie endgültig. Am 17. September traten wieder entsetzliche Schmerzen auf. Der Zahnarzt öffnete die Wurzelkanäle, spülte sie und brachte ein Medikament ein, ohne dass sich an der Situation für die Patienten etwas änderte.

In ihrer Not wechselte die Patientin den Behandler. Der neue Behandler führte zunächst eine Wurzelspitzenresektion (Amputation der Zahnwurzel mittels chirurgischen Eingriffs) durch, musste letztlich aber Zahn 36 entfernen. Um die Lücke zu füllen, wurde ein Implantat eingesetzt und mit einer Keramikkrone versehen. Die Patientin verlangte von dem Zahnarzt Schmerzensgeld und Ersatz der Behandlungskosten.

Der Zahnarzt und seine Haftpflichtversicherung lehnten  jegliche Haftung ab.

Im Unterschied zum Fall 1 konnte im vorliegenden Fall die Patientin ohne jegliche Probleme den Behandler wechseln, da sie privat krankenversichert  war. Aus eben diesem Grunde konnte sie sich allerdings auch nicht an den MDK wenden. Da sie über nur bescheidene finanzielle Möglichkeiten verfügte, schied die Fertigung eines Privatgutachtens aus. Ich schaltete die Schlichtungsstelle für Fragen zahnärztlicher Haftpflicht ein.

Hinsichtlich einer möglichen Fragestellung gilt es auch hier, wie beim MDK, den Sachverhalt nicht nur sorgfältig aufzubereiten, sondern die Schlichtungsstelle konkret auf mögliche Versäumnisse hinzuweisen.

Nach Beiziehung und Auswertung der vollständigen Behandlungsunterlagen wurde bei der Schlichtungsstelle für Fragen zahnärztlicher Haftpflicht ein Gutachten in Auftrag gegeben und folgenden konkreten Vorwürfe erhoben:

  • Dokumentationsmangel (fehlende Schmerzanamnese, fehlender Perkussionsbefund)
  • unzureichende Befunderhebung (insbesondere fehlender Röntgenbefund zu Behandlungsbeginn)
  • Diagnose "chronisch beherdeter Zahn 36" auf der Grundlage eines Papierausdrucks einer vier Jahre alten Röntgenaufnahme nicht haltbar
  • Unterlassen eines bakteriendichten Verschlusses der Wurzelkanäle
  • Nichtverwendung von Kofferdam (Spanngummi, das den Zahn während der Behandlung trocken hält und so den Rückfluss von Speichel in die offenen Wurzelkanäle und damit eine Re-Infizierung des Zahnes verhindern soll)
  • unzureichende Röntgenmessaufnahme (mit der festgestellt werden soll, ob der Zahnarzt wirklich alle Wurzelkanäle und diese auch in der Tiefe ausreichend behandelt hat)
  • Unterlassen einer Spülung der Wurzelkanäle in einem Fall
  • fehlerhafte endgültige Wurzelfüllung, weil die Wurzelkanäle zunächst offen waren und nicht desinfiziert worden

Die Vorhalte wurden in der Antragsschrift im Einzelnen anhand der Behandlungsunterlagen, aber auch anhand einschlägiger zahnmedizinischer Literatur begründet.

Der Sachverständige der Schlichtungsstelle arbeitete jeden der einzelnen gegen den Zahnarzt erhobenen Vorwürfe ab. Mit Ausnahme des Vorwurfes "Nichtverwendung von Kofferdam" gab die Schlichtungsstelle der Patientin mit Blick auf einen Behandlungsfehler, Schaden und Ursachenzusammenhang in jedem Punkt Recht.

Neben einem angemessenen Schmerzensgeld wurden Zahnarzt und sein Haftpflichtversicherer aufgefordert als Schadensersatz unter anderem die Kosten der Implantatversorgung zu ersetzen. Zahnarzt und Haftpflichtversicherer lehnten die Regulierung der geltend gemachten Ansprüche ab. Zur Begründung legte der Haftpflichtversicherer die Stellungnahme des von der Versicherung hinzugezogenen Konsiliararztes bei. Dieser führte wie folgt aus:

"Die entscheidende Frage in diesem Fall ist jedoch: Haben die vorgeworfenen Behandlungsfehler ursächlich zur Extraktion des Zahnes 36 geführt? Die Gutachter sehen zwar einen möglichen Zusammenhang (dieser besteht häufig), er ist aber nicht zwingend nachweisbar! ... Die Extraktion des Zahnes 36 kann dem Versicherungsnehmer nicht angelastet werden. Da es der Patientin und ihrem Rechtsanwalt Bisping offensichtlich letztendlich darum geht, die von Dr. Dr. XY bereits bei Extraktion geplante Implantatversorgung auf den Versicherungsnehmer abzuwälzen, ohne einen notwendigen Nachweis zu erbringen, dass der Versicherungsnehmer den Verlust des Zahnes 36 schuldhaft verursacht hat, sind diese Rechtsanwalt-Forderungen abzulehnen.

Was verbliebe von den Forderungen des Rechtsanwaltes bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung? Die Rückzahlung von 51,74 € aus der Rechnung des Versicherungsnehmers vom 4.11.2005 ! Eine Schmerzensgeldforderung für drei Tage vom 23. August bis 26.8.2005 erscheint eher unwahrscheinlich, da nach der Trepanation des Zahnes 36 am 26.8.2005 die Patientin nicht schmerzfrei war. Ein einklagbares Recht auf Schmerzfreiheit besteht bei einem Behandlungsvertrag nicht. "

Es kam wie es kommen musste. Es wurde Klage zum Amtsgericht eingereicht. Wenige Tage vor dem Verhandlungstermin rief der den Zahnarzt vertretende Rechtsanwalt in der Kanzlei des Unterzeichners an. Mit Ausnahme der durch meine Inanspruchnahme angefallenen außergerichtlichen Gebühren wurde der Schmerzensgeldanspruch sowie der Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Implantatbehandlung vollständig anerkannt und bezahlt. Die außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren übernahm die Rechtsschutzversicherung der Mandantin. Letztlich wurden die Ansprüche der Mandantin vollständig erfüllt und eine immer als belastend empfundene mündliche Verhandlung vor dem Gericht vermieden.

 

Teil 4

I. Welche Möglichkeiten hat der Patient, wenn der Zahnersatz nicht auf Anhieb beschwerdefrei sitzt?

Grundsätzlich hat der Patient - unabhängig davon, ob er privat oder gesetzlich krankenversichert ist - das Recht den zwischen ihm und dem Zahnarzt geschlossenen Behandlungsvertrag, der überwiegend als Dienstvertrag höherer Art zu betrachten ist, jederzeit zu kündigen und zwar unabhängig davon, ob die Behandlung abgeschlossen ist oder nicht. In diesem Zusammenhang stellt sich dann aber die Frage, in wie weit dem Patienten die Folgen des Behandlungsabbruchs dahin gehend angelastet werden können, dass er mögliche Haftungsansprüche gegen den Zahnarzt verliert und gleichzeitig zur Zahlung des zahnärztlichen Honorars verpflichtet bleibt. Bricht der Patient die Behandlung zum Beispiel vor der endgültigen Eingliederung eines festsitzenden-herausnehmbaren Zahnersatzes vor Behandlungsende ab, so bleibt der Honoraranspruch des Zahnarztes bestehen, soweit der Zahnarzt zu dem Behandlungsabbruch keine Veranlassung gegeben hat.

Ein solcher Schritt sollte daher immer auch mit der eigenen Krankenkasse abgestimmt werden, da sich bei einem Behandlungsabbruch zwangsläufig auch die Frage der Kostentragung durch den Behandlungsnachfolger stellt, insbesondere dann, wenn eine Neuanfertigung  des eingegliederten Zahnersatzes notwendig ist.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Zahnarzt ein Recht zur Durchführung von Korrekturmaßnahmen zugebilligt werden muss, da die Versorgung mit Zahnersatz eine komplizierte, aus vielen Einzelmaßnahmen bestehende Behandlung ist und darüber hinaus auch von der psychischen und physischen Konstitution des Patienten abhängt, die der Zahnarzt nicht oder nur schwer steuern kann.

In diesen Zusammenhang stellen viele Patienten die Frage, wie oft sie dem Zahnarzt Gelegenheit zur Nachkorrektur geben müssen.  Es gibt keine bestimmte Höchstzahl von Nachkorrekturmaßnahmen, nach deren Erreichen der Patient die Behandlung für ihn folgenlos abbrechen kann. Entscheidend ist der Einzelfall.

Der Rechtsprechung besagt, dass der Patient die Behandlung abbrechen kann, wenn sie nicht mehr vertragsgerecht ist. Die Behandlung ist dann nicht mehr vertragsgerecht, wenn Umfang und Art der nach Behandlungsmaßnahmen das Maß des Üblichen übersteigen und dem Patienten nicht mehr zumutbar ist. Die Entscheidung darüber, ob dem Patienten eine erforderliche Nachbehandlung zumutbar ist oder ob ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht des Vertrages zusteht, orientiert sich an den Umständen des Einzelfalles.
Zu berücksichtigen sind hierbei insbesondere die Schwere des Behandlungsfehlers, Dauer und Erfolg bereits durchgeführter Nachbehandlungen, die Einsicht des Zahnarztes in die Notwendigkeit einer Nachbehandlung sowie deren Umfang. Vorrangig muss die Frage der Zumutbarkeit einer Weiterbehandlung jedoch anhand objektiver Kriterien beurteilt werden

Allein die Tatsache, dass das kassenzahnärztliche Gutachten den eingegliederten Zahnersatz als mangelhaft beurteilt, indiziert einen schuldhaften Behandlungsfehler des Beklagten nicht. Sinn und Zweck eines solchen kassenzahnärztlichen Gutachtens ist nämlich nicht die Feststellung eines etwaigen Verschuldens des behandelnden Zahnarztes; vielmehr soll allein der aktuelle Zustand der Mund-, Zahn- und Gebissverhältnisse des Patienten sowie das etwaige Vorliegen eines Mangels festgestellt werden. In Fällen, die recht häufig vorkommen, wo außer dem Beklagte noch mehrere andere Zahnärzte Behandlungsmaßnahmen an den betreffenden Zähnen durchgeführt haben, ist es dem kassenzahnärztlichen Gutachter nicht möglich, die festgestellten Mängel den einzelnen Behandlern zuzuordnen. In einem Fall bleibt der Patient weiterhin dem Honoraranspruch des Erstbehandlers ausgesetzt und geht möglicher Haftungsansprüche gegenüber dem Erstbehandler verlustig.

Entscheidend ist also auch hier, dass der Behandler einen schuldhaften Behandlungsfehler begangen hat.

II. Was kann der Patient unternehmen, wenn er das Vertrauen in den im bisherigen Zahnarzt verloren hat, seine (gesetzliche) Krankenkasse aber einen Behandlerwechsel und damit der Übernahme der Kosten des neuen Behandlers nicht zustimmt?

In einem derartigen Fall bleibt dem Patienten nichts anderes übrig, als seine Krankenkasse vor dem Sozialgericht mit dem Ziel der Übernahme der Kosten des neuen Behandlers zu verklagen. In diesem Verfahren muss der Patient nachweisen, dass ihm die Fortsetzung der Behandlung bei dem Erstbehandler nicht zumutbar ist und das Maß des Üblichen überschritten ist.

III. Welche Rechte habe ich als Patient, wenn das von mir privat in Auftrag gegebene Gutachten erkennen lässt, dass es unvollständig oder unrichtig ist? Kann ich das von mir gezahlte Gutachterhonorar gegebenenfalls zurückverlangen?

Mit der Beauftragung eines privaten Sachverständigen kommt ein so genannter Werkvertrag zu Stande. Der Sachverständige schuldet seinem Auftraggeber ein mangelfreies Gutachten. Ist das Gutachten nicht mangelfrei, sei es, weil es unvollständig oder gar unrichtig ist, dann stehen dem Patienten als Auftraggeber die werkvertraglichen Gewährleistungsrechte wie

  • Nacherfüllung, das heißt nach Wahl des Sachverständigen Mängelbeseitigung oder gar Neuherstellung
  • nach Setzen einer angemessenen Frist und bei deren erfolglosem Ablauf Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Honorars
  • und bei Verschulden Schadensersatz oder Aufwendungsersatz zu.

IV. Wie sieht die Rechtslage bei einem gerichtlich bestellten Sachverständigen aus? In wie weit kann ich gegebenenfalls gegen diesen Ansprüche geltend machen? 

Im Gegensatz zum privat beauftragten Sachverständigen kommt im Falle des gerichtlich gestellten Sachverständigen keine vertragliche Beziehung zwischen dem Patienten und dem Sachverständigen zu Stande.

Seit einigen Jahren findet sich in § 839 a BGB, eine Vorschrift, die den gerichtlich bestellten Sachverständigen zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, das Gericht hierauf seine Entscheidung fällt und dadurch einem der Verfahrensbeteiligten ein Schaden entsteht.

Die entscheidende Hürde, die es hier zu nehmen gilt, ist dem Sachverständigen nachzuweisen, dass er vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig sein Gutachten erstattet hat.

Die Beweislast dafür, dass der Sachverständige sein Gutachten vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig erstattet hat, trägt der von der Entscheidung des Gerichts betroffene Geschädigte.

Einen solchen Nachweis zu führen ist nicht unmöglich, wird aber wohl nur in den seltensten Fällen gelingen, da man auch wohl in nur sehr wenigen Fällen davon ausgehen darf, dass ein Sachverständiger wirklich vorsätzlich, das heißt gezielt ein unrichtiges Gutachten erstattet, um einem der Verfahrensbeteiligten einen Schaden - z. B in Gestalt der Abweisung einer Klage als unbegründet - zuzufügen.

Nicht unerwähnt bleiben darf auch Abs. 2 dieser Vorschrift.

Danach wird der Sachverständigen von der Haftung frei, wenn der von der auf dem falschen Gutachten beruhenden gerichtlichen Entscheidung Betroffene verabsäumt, rechtzeitig Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen und auf diese Weise vereitelt, den Schaden abzuwenden.

V. Welche Bedeutung hat ein von einem Patienten privat eingeholtes Sachverständigengutachten vor Gericht? Zählt das Gutachten des gerichtlich erstellten Sachverständigen mehr?

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelte es sich bei einem Privatgutachten um so genannten substantiierten Parteivortrag. Ein privat eingeholtes Gutachten ist zwar als Urkunde verwertbar, ersetzt aber nicht ein gerichtlich gefordertes Sachverständigengutachten. Ein Gericht darf also, wenn nicht alle Verfahrensbeteiligten ausdrücklich zustimmen, seine Entscheidung nicht allein auf ein Privatgutachten stützen. Dies gilt auch für den Fall, dass das Privatgutachten keinerlei Anhaltspunkte für eine gegen einen der Verfahrensbeteiligten gerichtete Parteilichkeit erkennen lässt und der Privatsachverständige fachlich über die Maßen anerkannt ist.

Würde das Gericht anders handeln, verstieße es gegen die Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhaltes, § 286 ZPO.

Welchen Sinn macht ein Privatgutachten dann?

Gerade in Arzthaftungsprozessen bleibt einer Partei in der Regel nichts anderes übrig, als ein für sie ungünstiges Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen mit Hilfe eines Privatgutachters überprüfen zu lassen und dann dessen Ansicht vorzutragen.

Es ist weiter zu beachten, dass an die Substantiierungspflicht einer Klagepartei in derartigen Prozessen ohnehin nur maßvolle und verständige Anforderungen gestellt werden dürfen, weil von ihr, auch wenn sie abweichende Meinungen wiedergibt, keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann. Einwände gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen, erst recht, wenn sie auf der Basis eines Privatgutachten geltend gemacht werden, muss das Gericht also ernst nehmen. Es muss ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären.

VI. Allergiker sind in besonderer Weise darauf angewiesen, dass keine unverträglichen Stoffe in den Körper eingebracht werden. Wie ich schütze ich mich als Patient davor, dass der Zahnarzt unverträglichen Medikamente oder Medizinprodukte einbringt? Worüber muss mich der Zahnarzt aufklären?

Der Patient ist vor einem Eingriff aufzuklären, um zu einer informierten Risikoabwägung in der Lage zu sein. Die Aufklärung soll dem Patienten kein medizinisches Entscheidungswissen vermitteln. Es soll aufgezeigt werden, was der Eingriff, die konkrete medizinische Behandlung für ihn, seine persönliche Situation und seine Lebensführung bedeutet. Risiken müssen nicht exakt und in allen denkbaren Erscheinungsformen dargestellt werden; vielmehr genügt ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums. In diesem Rahmen ist der Patient auch über seine nicht ganz außer Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken zu unterrichten (BGH NJW 1984, 1397, 1398), d.h., der Arzt muss auch auf typische, wenn auch seltene, Risiken hinweisen, um dem Patienten die Entscheidung darüber zu überlassen, ob er etwaige Gefahren für seine Gesundheit auf sich nehmen will (BGH VersR 1993, 228, 229).

Das setzt voraus, dass das jeweilige Risiko, um das es geht, nach dem medizinischen Erfahrungsstand im Zeitpunkt der Behandlung bekannt ist. Ist ein Risiko bereits bekannt, so ist hierüber selbst dann aufzuklären, wenn die wissenschaftliche Diskussion noch nicht abgeschlossen ist und zu allgemein akzeptierten Ergebnissen geführt hat.

Genügend, aber auch erforderlich ist, dass ernsthafte Stimmen in der medizinischen Wissenschaft auf bestimmte, mit einer Behandlung verbundene Gefahren hinweisen, die nicht lediglich als unbeachtliche Außenseitermethoden abgetan werden können, sondern als gewichtige Warnungen angesehen werden müssen (BGH, NJW 1996, 776 f.).

Als Empfehlungen können zum Beispiel angesehen werden Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes oder der Medizinischen Fachgesellschaften.

Entspricht die Verabreichung eines Medikamentes oder eines Medizinproduktes dem gültigen medizinischen/zahnmedizinischen Standard und gibt es keinerlei ernst zu nehmende wissenschaftlich begründete Untersuchungen, die belegen, dass das Medikament oder das Medizinprodukt bestimmte negative Wirkungen entfaltet, dann schließt dies in der Regel einen Behandlungsfehler aus.

Vor diesem Hintergrund ist der Zahnarzt kann auch nicht verpflichtet so genannte Bioverträglichkeitsprüfungen vorzunehmen. Dies gilt selbst dann, wenn der Patient Allergien und Unverträglichkeiten dem Arzt / Zahnarzt zur Kenntnis bringt. Jedenfalls braucht der Arzt / Zahnarzt mangels jeglichen wissenschaftlich begründeten Verdachts bestimmter negativer Wirkungen nicht von sich aus auf eine Verträglichkeit hinzuwirken, um den von ihm zu fordernden zahnärztlichen Standard zu wahren. (OLG Hamm NJW 1999, 3421)

VII. Welche Bedeutung kommt den Behandlungsunterlagen zu? Können die Daten auf der Praxissoftware nachträglich manipuliert werden?

Grundsätzlich ist es Sache des Patienten, einen von ihm behaupteten Behandlungsfehler des Arztes und dessen Kausalität für den eingetretenen Schaden nachzuweisen. 

Beweiserleichterungen kommen dem Patienten dann zu Gute, wenn die gebotene ärztliche Dokumentation unzulänglich ist und deswegen für den Patienten im Falle der Schädigung die Aufklärung des Sachverhaltes unzumutbar erschwert ist. Das Fehlen eines Vermerks indiziert in erster Linie, dass eine aufzeichnungspflichtige Maßnahme unterblieben ist, wirkt sich also zu Gunsten des Patienten auf den Nachweis des Behandlungsfehlers aus.

Anders verhält es sich für die Frage des Nachweises von Ursachenzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden. Hierauf wirkt sich ein Dokumentationsmangel grundsätzlich nicht aus.

Ausnahme: Der wegen des Fehlens der gebotenen Aufzeichnungen indizierte Behandlungsfehler ist als grob zu bewerten ist.

Wichtig ist für den Patienten zu wissen, dass der Behandler nicht jede Kleinigkeit dokumentieren muss. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die zum Schutz des Patienten seit langem selbstverständlich sind und in der Klinik in aller Regel auch mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden.

Beispiele für nicht dokumentationspflichtige Maßnahmen:

  • Desinfektion der Haut des Patienten
  • Sterilisation der Operationsinstrumente
  • Anlegen von Schutzkleidung

Die Pflicht zur Dokumentation besteht nur aus zureichenden Informationen der Ärzte und des Pflegepersonals über den Verlauf der bisherigen Behandlung einer Erkrankung, den Verlauf einer Operation oder sonstiger Maßnahmen, damit Ärzte und Pflegepersonal ihre künftigen Entscheidungen richtig treffen können.

Beispiele für dokumentationspflichtige Maßnahmen:

  • Blutdruck bei der Entbindung
  • die Krankschreibung des Patienten
  • die Notwendigkeit einer engmaschigen Kontrolle
  • die Erhebung eines behandlungsbedürftigen Befundes
  • Termine
  • Aufklärungsgespräche und deren Inhalt
  • Diagnosen
  • Behandlungsplanungen

Mit zunehmender Computerisierung ändert sich zunehmend auch die Art der Dokumentation.

Wurden Behandlungsunterlagen bis vor Jahren ausschließlich von Hand geführt, gehen heute immer mehr Praxen dazu über EDV einzusetzen. Dies hat auch beweisrechtliche Folgen. Die handschriftlich geführten Behandlungsunterlagen gelten als Urkunden im Rechtssinne mit der Folge, dass bei ihnen die Vollständigkeit und Richtigkeit vermutet wird. Eine Fälschung der Behandlungsunterlagen hat daher der Patient zu führen.

Anders verhält sich der Sachverhalt bei EDV-gestützten Behandlungsunterlagen. Diese gelten grundsätzlich nicht als Urkunden, sondern erst dann, wenn die Daten fälschungssicher abgespeichert, das heißt nachträglich nicht mehr veränderbar sind.

Dies gilt auch für digitalisierte Röntgenaufnahmen bei denen nicht auszuschließen ist, dass diese manipuliert werden können.

Eine Manipulation der Behandlungsunterlagen ist also nicht hundertprozentig sicher auszuschließen.